Richtig regenerieren! (1)

Von Annelie Schrader

Zur Steigerung der Leistungsfähigkeit bedarf es nicht nur eines zielgerichteten Trainings, sondern auch der entsprechenden Erholungs- bzw. Regenerationsmaßnahmen.

 

Störung des Gleichgewichts

Der menschliche Organismus steht in einer dauerhaften Wechselbeziehung zu seiner Umwelt. Ändert sich ein Umweltfaktor und wirkt als Reiz auf ihn ein, muss sich der Organismus den neuen Gegebenheiten anpassen. Dazu werden ständig Substanzen ab-, um- und neu aufgebaut. Im Sport ist diese Adaptationsfähigkeit die Grundlage für ein höheres Leistungsniveau. Hier stellen die Trainingsbelastungen den Reiz dar, der die funktionellen Anpassungen auslöst. Durch die spezifische Belastung werden verschiedene Funktionssysteme des Organismus aus dem Gleichgewicht (Homöostase) gebracht. Die Störung des Gleichgewichtszustands wird als Heterostase bezeichnet, bei der es zu katabolen (abbauenden) Stoffwechselprozessen kommt. Zentralnervöse, vegetative und hormonale Regulationszentren sorgen dafür, dass der Organismus durch anabole (aufbauende) Stoffwechselvorgänge wieder den Zustand der Homöostase erreicht. Die Reaktion von Zellen oder Gewebe auf veränderte Umweltbedingungen oder Schädigungen wird Adaptation genannt.

Ein leistungsorientiertes Training ist auf das Erreichen der optimalen sportlichen Form zu einem festgelegten Zeitpunkt ausgerichtet. Das Niveau der sportlichen Leistungsfähigkeit fällt nach hohen sportlichen Belastungen zunächst ab. Es ist eine bestimmte Zeit der Wiederherstellung notwendig, um erneut intensive Belastungen durchführen zu können. Die einzelnen Funktionssysteme weisen dabei unterschiedliche Regenerationszeiten auf.

Die Ermüdung nach körperlichen Belastungen wird in zwei Kategorien unterschieden:

  • periphere Ermüdung als Folge der Beanspruchung einzelner Muskeln oder Muskelgruppen
  • zentrale Ermüdung, die eine allgemeine Leistungs- und Funktionsminderung darstellt

 

Passive und aktive Regeneration

Der Begriff „Regeneration“ steht für die „Summe aller Maßnahmen, die nach einer Störung der Leistungsfähigkeit durch physische oder psychische Belastung den Zustand von Erholung bewirken. Der aktuelle Funktionszustand eines Organismus wird durch die Summe aller Belastungen und Regenerationsmaßnahmen bedingt“ (37. Deutscher Kongress für Sportmedizin und Prävention, 2001).

In der Erholungsphase werden folgende Prozesse ausgelöst:

  • Füllen der Nährstoffspeicher
  • Zellaufbau bzw. „Zellerneuerung“ (z. B. im Muskelgewebe)
  • Anpassung des neuronalen Systems und damit Optimierung von Bewegungsabläufen
  • Anpassung des Herz-Kreislauf-Systems

Die Regenerationsphase kann durch passive und aktive Maßnahmen unterstützt werden. Zu den passiven Regenerationsmaßnahmen gehören unter anderem ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, Massagen und andere physiotherapeutische Anwendungen, Entmüdungsbäder, Saunagänge, Wechselduschen oder Entspannungsübungen.

Unter der aktiven Erholung sind zum einen, das Cool-down und zum anderen, komplette Regenerationseinheiten zu verstehen. Das so genannte Cool-down wird unmittelbar nach einer hochintensiven Trainingseinheit oder nach Wettkampfbelastungen als Nachbereitung durchgeführt. In der Regel gehören bei Leichtathleten lockeres Laufen und einige gymnastische Übungen (z. B. Dehnen) dazu. Die Nachbereitung eines Trainings erfolgt immer mit niedrigen Intensitäten und sollte nicht länger als 30 Minuten dauern.

Regenerationseinheiten stellen eine eigenständige, geschlossene Trainingseinheit dar und können

  • allgemeine Körperübungen (z. B. Laufbelastungen im aeroben Bereich, gymnastische Übungen oder  Stabilisierungstraining),
  • vielfältige, nicht disziplinverwandte Übungen,
  • sportartfremde Belastungen wie Fahrrad-, Inlinerfahren, Schwimmen usw. oder
  • emotional wirkungsvolle Trainingsinhalte wie z. B. Spiele und Spielformen (kleine Spiele) enthalten.

In den Regenerationseinheiten ist die Belastungsintensität deutlich zu reduzieren. Moderate Belastungen sollen die Durchblutung und somit den Versorgungsstoffwechsel in der Muskulatur verbessern. Disziplin- oder sportartfremde Inhalte sorgen für Abwechslung im Trainingsalltag und tragen so auch zur mentalen Entspannung bei.
 
 

Beispiele für aktive Regenerationsmaßnahmen

Aerobe Belastungen
Unter aeroben Belastungen sind Trainingsinhalte zu verstehen, deren Intensität so niedrig ist, dass die Energiebereitstellung durch oxidative Verbrennung der Energieträger realisiert werden kann. Dazu gehören z.B.

  • Dauerläufe
  • Schwimmen oder Aquajogging
  • Ergometertraining
  • Rasenläufe und
  • Steigerungen bzw. Technikläufe auf der Bahn mit niedriger Intensität.

Leichte körperliche Belastungen im aeroben Bereich dienen vor allem der Verbesserung der Durchblutung der Muskulatur und dem schnelleren Abbau von verschiedenen Stoffwechselprodukten. Die Intensitäten sind individuell unterschiedlich und abhängig vom jeweiligen Trainingszustand des Athleten und der Dauer bzw. den Wiederholungszahlen der einzelnen Belastungen (z. B. bei Rasenläufen oder koordinativem Training), sie sollten allerdings auf keinen Fall 60 Prozent der maximal möglichen Intensität übersteigen.
 
1. Dauerläufe
Dauerläufe eignen sich besonders in den ersten Tagen nach intensiven Belastungen zur aktiven Regeneration. Je nach Leistungsniveau und Gewohnheit sollten mindestens 20 und maximal 45 Minuten in moderatem Tempo gelaufen werden, sodass keine hohe Herz-Kreislaufbelastung entsteht. Das Laufen soll keine große Kraft- oder Willensanstrengung erfordern! Dauerläufe können im Wald, im Gelände oder auf Rasenflächen (hier eventuell auch barfuß laufen) durchgeführt werden.

  • Umfang: 20 bis 45 Minuten
  • Intensität: 50 Prozent
  • Wo: im Wald oder Gelände, auf Rasen
  • Wann: bereits einen Tag nach hohen Belastungen möglich
  • Kombination: Gymnastik, koordinatives oder Stabilisierungstraining

 
2. Rasenläufe
Rasenflächen bieten aufgrund des weicheren, leicht nachgebenden Bodens einen idealen Untergrund für lockere Läufe. Hier können in Laufschuhen oder bei schönem Wetter sogar barfuß, verschiedene Belastungen wie beispielsweise lockere Steigerungen oder Technikläufe (s. Bild rechts), Diagonalläufe (Diagonale laufen, Torlinie gehen) oder L-Läufe (eine Gerade und eine Kurve) absolviert werden.

  • Umfang: 4 bis 6 Läufe
  • Intensität: maximal 60 Prozent
  • Wann: ab dem zweiten Tag nach hohen Belastungen
  • Kombinationsmöglichkeiten: Gymnastik, Stabilisierung, Spiele

 
Spiele
Spiele gehören in der Leichtathletik zum vielseitigen allgemeinen Training und werden deshalb vermehrt in den ersten Wochen der Vorbereitungsphasen durchgeführt. Sie können aber auch nach anstrengenden Wettkämpfen oder intensiven Trainingsblöcken zur aktiven Regeneration eingesetzt werden. Hier steht die mentale Erholung im Vordergrund – da die Spiele in der Gruppe stattfinden und keine konkreten Leistungen gefordert werden, bereiten sie den Athleten besonders viel Spaß.

Spiele stellen eine sportartfremde Belastung dar, bei der zum Teil andere Bewegungsmuster angesprochen werden. So wird nicht nur die Vielseitigkeit der Athleten gefördert, sondern auch die stupide Wiederholung spezifischer Belastungen vermieden. Es eignen sich beispielsweise Fuß-, Basket- oder Volleyball und Kleine Spiele.

Spiele können auch im Sand durchgeführt werden (s. Bild links). Dabei ist jedoch auf einen ausreichenden Abstand zu evtl. noch bevorstehenden Wettkämpfen zu achten: Das Bewegen im Sand erfolgt langsamer und mit höherem Kraftaufwand. Werden die Intensitäten im Sand zu hoch, können sowohl die Regeneration als auch disziplinspezifische Bewegungsmuster in ihrer Explosivität gestört werden.

Fuß-, Basket- oder Volleyball
Bei Leichtathleten sind vor allem die Sportspiele Fußball, Basketball oder Volleyball sehr beliebt. Sie können sowohl drinnen als auch draußen und relativ unabhängig von der Personenzahl gespielt werden. Die Spielfeldgröße ist der Größe der Mannschaften anzupassen. Die Spiele sollten jedoch generell eher auf kleineren Feldern durchgeführt werden, damit die Laufwege nicht zu lang sind.

  • Wo: möglichst draußen (Kleinfeld auf dem Rasen o.Ä.)
  • Umfang: maximal 30 Minuten
  • Wann: ab dem zweiten Tag nach Belastung
  • Kombinationsmöglichkeiten: Gymnastik, koordinatives oder Stabilisierungstraining


 

 

Quelle: http://www.leichtathletik.de/index.php?SiteID=883

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