Knieprobleme vorbeugen und lindern: Experte zeigt simple Übungen gegen Knieschmerzen
Die Knie sind vor allem beim Sport sehr gefordert – egal ob beim Laufen, Springen oder Trainieren mit Gewichten.
Trainiert man dann noch falsch in die einzelnen Muskelgruppen hinein, setzt auf zu schwere Gewichte oder trainiert schlicht zu häufig, kann dies zu einer Überlastung oder sogar Verletzung der Knie führen.
Aber was tun, wenn man unter Knieschmerzen leidet? Soll man von heute auf morgen mit der Sportroutine aufhören und sich eine längere Sportpause gönnen?
Zunächst einmal: Sollten die Schmerzen akut sein und sich bereits im Alltag fernab vom Training bemerkbar machen, dann sollte die Ursache zunächst durch einen Facharzt, zum Beispiel einen Orthopäden, untersucht werden.
Die häufigste Ursache für Knieprobleme
Die häufigsten Knieprobleme seien die Knieschmerzen selbst, erklärt uns Roland Liebscher-Bracht, Schmerzspezialist und Autor. Sie rauben aber nicht nur Lebensenergie, sondern schränken auch die Ausführung bestimmter Bewegungen ein. So kann man beispielsweise nicht mehr richtig laufen, das Bein nicht ganz strecken oder sich nicht hinknien.
Seine wichtigste Botschaft: Durch spezielle Übungen kann man sich von den Schmerzen meist selbst befreien, selbst wenn Arthrose oder Meniskusschäden bereits vorliegen. Denn Ursache der Schmerzen seien verkürzte Muskeln und Faszien.
Ein einfacher Selbsttest zeigt dir, wo du stehst: Versuche in den Fersensitz zu gehen. „Wer das nicht kann und es nicht problemlos ein bis zwei Minuten aushält, der hat bereits ein Problem mit den Knien“, erklärt der Therapeut. Denn das sei der Beweis dafür, dass die Oberschenkel verkürzt sind.
Roland Liebscher-Bracht ist Schmerzspezialist und hat gemeinsam mit seiner Frau Dr. Med. Petra Bracht Forschung und langjährige therapeutische Praxis kombiniert, um so Ansätze für ein schmerzfreies Leben zu entwickeln.
Sein Buch „Knie - Meniskus: Schmerzen selbst behandeln“ erklärt die Entstehung von Schmerzen und liefert ein umfangreiches Übungsprogramm.
Übungen als Prävention und gegen Schmerzen
Um Knieschmerzen gar nicht erst aufkommen zu lassen oder sie zu minimieren, sollte man bestimmte Dehnungen am besten täglich üben.
Die Besonderheit: Diese Übungen eignen sich bei Schmerzen genauso wie zur Vorbeugung. „Die Ursache an sich wird bekämpft, deswegen sind die Übungen so wirksam – bei jungen wie bei alten Menschen.“
Damit die folgenden Übungen deinen Körper nicht überfordern, beachte folgende Punkte:
- Gehe immer kontrolliert und langsam in die Übung, vermeide Schwung!
- Wenn du in der Dehnung bist, solltest du höchstens einen deutlichen „Wohlfühl-Schmerz“ spüren, bei dem du aber gerade noch entspannt weiteratmen kannst.
Zwei simple Dehnübungen gegen Knieschmerzen
Grundsätzlich kann sich das Kniegelenk in zwei Richtungen bewegen, wodurch zwei Hauptdehnungen essenziell sind: Beugung und Streckung. Dadurch können sich viele Probleme lösen, auch wenn bereits strukturelle Schädigungen vorliegen.
Der praktische Bonus bei diesen Übungen: Man dehnt die Muskeln nicht nur, sondern kräftigt sie gleichzeitg. „Das trainiert die Muskeln besser als Übungen an Geräten, bei denen Muskeln meist verkürzen und zu hohe Spannungen aufbauen“, so Liebscher-Bracht.
Stattdessen habe man hier eine flexibilisierende Kraft, die funktionell für das Knie ist. Denn die Muskeln werden in dem Winkel gekräftigt, in dem sie meist viel zu schwach sind.
Übung 1: Beinstrecker dehnen
- Um den Beinstrecker zu dehnen, legst du dich flach auf den Bauch, drückst die Leiste gegen den Boden und ziehe den Fuß mit zwei Händen – oder, wenn du ihn nicht erreichst, mit Hilfe eines Therabands oder Handtuchs – in Richtung Gesäß. Ziehe nur so weit, dass eine deutliche Dehnung spürbar ist. Die Leiste bleibt dabei am Boden.
- Jetzt spanne gegen den Widerstand an, als ob du das Bein strecken möchtest. Wiederhole diese Übung zwei Minuten lang einige Male, um die Ferse immer dichter ans Gesäß zu bekommen.
- Wenn du die Muskeln und Faszien rund ums Knie noch wirksamer trainieren möchtest, lege das Knie erhöht auf einige Bücher oder Polster. Aber nur so hoch, dass die Leiste noch gegen den Boden drücken kann.
Um die Muskeln um das Knie gleichzeitig zu trainieren und dich somit aktiv zu dehnen, schlägt Roland Liebscher-Bracht eine weitere Variante vor:
- Lasse den Fuß los und ziehe die Ferse aus eigener Beinkraft so weit wie möglich zum Gesäß.
Übung 2: Beinbeuger dehnen
- Setze dich mit geradem Rücken und ausgetreckten Beinen auf den Boden. Strecke das Knie auf der Seite, die du dehnen willst, vollständig. Falls die Ferse abhebt, lege etwas darunter – beispielsweise ein Buch.
- Stelle den Fuß senkrecht auf und greife mit beiden Händen um den Vorfuß. Da das meist nicht möglich ist, benutze als „Armverlängerung“ eine Schlaufe oder ein Handtuch. Ziehe dich mit geradem Rücken nach vorne bis du deutlich die Dehnung spürst.
- Presse dann die Kniekehle gegen den Boden und ziehe zunächst den Vorfuß in Richtung Knie bis du die Dehnung in der Kniekehle spürst.
- Drücke anschließend die Kniekehle gegen den Boden, den Vorfuß nach vorn und spanne gegen die Schaufe an, als wolltest du mit dem Rumpf nach hinten.
Auch hier gibt es eine aktivierende Alternative:
- Lege dich mit ausgestreckten Beinen auf den Rücken. Strecke das aktive Knie vollständig und ziehen den Vorfuß, wenn möglich samt Zehen, aus eigener Kraft in Richtung Knie. Hebe dann das Bein unter Anspannung so weit an, wie es ohne Kniebeugung möglich ist.
- Spürst du eine sehr hohe Spannung im hinteren oberen Oberschenkel oder hast ein überreiztes Sitzbein, mache die Übung genauso aber beuge das Knie leicht.
Welche Sportarten sind bei Schmerzen ungeeignet?
Generell schließt Liebscher-Bracht keine Sportart bei Knieschmerzen aus. Es sei viel wichtiger, so viel Sport wie möglich zu machen, um alle Muskeln regelmäßig so vielseitig wie möglich zu gebrauchen.
Er empfiehlt, zuerst die Knieschmerzen „wegzutrainieren“ und dann die Sportarten die man betreiben möchte auszuüben – anstatt zu schonen und immer weniger beweglich zu werden. „Nicht die Sportart ist das, was dem Knie zuviel abverlangt, sondern der fehltrainierte Zustand des Knies.“
Man sollte also herausfinden, was genau das Problem des Knies ist, welche Verkürzungen der Muskeln vorliegen und dann gezielt mit den passenden Übungen arbeiten, um das Knie für die gewünschte Sportart zu stärken.
Der Schmerzspezialist empfiehlt: „Als Vorbelasteter sollte man dennoch in sich hineinfühlen und bei der Wiederaufnahme der Sportart die Dosierung so wählen, dass es nicht schmerzt.“
Sehr empfehlenswert, wenn auch nicht so zielgerichtet in der schmerzlindernden Wirkung, sei ebenso Yoga, da Dehnungen auch dort ein großer Teil des Programms sind.
Wann sollte ich eine Sportpause einlegen?
Zunächst einmal sollte ärztlich abgeklärt werden, ob eine Verletzung vorliegt oder nicht.
Doch auch bei einer Verletzung könne man in Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt dann langsam und gefühlvoll in die Übungen hineingehen um die Schutzkontraktionen der Muskeln, die bei der Verletzung vom Körper ausgelöst werden, zu lösen.
Dadurch würde der Stoffwechsel so weit wie möglich aufrecht erhalten und die Heilungszeit könne deutlich verkürzt werden.
Schonen, im Sinne von Warten und Stillhalten, sollte man nur nach schweren Verletzungen wie Kreuzbandrupturen oder Abrissen der Außen- oder Innenbänder, rät Liebscher-Bracht.
„Die meisten Knieschmerzen haben aber mit den Schädigungen des Knies nichts oder nur sehr wenig zu tun. Denn der Schmerz ist meist lediglich ein Warnsignal des Körpers, dass eine bestimmte Belastung im Moment zu viel ist. Deswegen versucht man besser diese Spannung zu normalisieren und merkt anschließend beim Laufen, dass es wieder besser wird.“
* Dieser Artikel erschien zuerst auf fitforfun.de.