Krank zum Training – das musst du wissen - Sport trotz Erkältung

von Martina Steinbach

 

Sportler müssen ein paar Dinge beachten, damit sie ein Schnupfen nicht umhaut

Ätzend, dieses Gefühl in Watte gepackt zu sein, obwohl du doch heute beim Sport einen harten Gang einlegen wolltest. Was du in diesem Fall am besten tun solltest und wie gut eine (aufkommende) Erkältung mit deinem Training zusammenpasst, erfährst du hier:

Was ist eigentlich eine Erkältung?

 

 

"Erkältung ist der Laienbegriff für einen grippalen Infekt", erklärt der Sportmediziner Dr. Lutz Graumann aus Rosenheim (sportmedizin-rosenheim.de). "Dabei wird das Immunsystem durch Erreger von außen lahmgelegt – in der Regel sind das Viren." Klassische Symptome dafür sind Abgeschlagenheit, Halsschmerzen, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen, erhöhte Temperatur beziehungsweise Fieber und Husten. Übrigens schwirren im Winter nicht mehr Viren und andere Erreger umher als zu anderen Jahreszeiten.

 

Es sind die Kälte und Feuchtigkeit, die das Immunsystem stressen und damit anfälliger für feindliche Übernahmen machen. Im Sommer gibt es ja auch eine Grippewelle, dann übernehmen Hitze, direkte Sonneneinstrahlung und zu wenig Flüssigkeit den In-Knie-zwinger-Job. Und je stärker das Immunsystem schwächelt, desto weiter öffnet sich die Eintrittspforte für Erreger. Teilweise gibt es jedoch auch so bösartige Varianten, die das Immunsystem im Alleingang ausschalten können. "Bin ich die Erreger nicht gewohnt, kann das Immunsystem mit Entzündungswerten reagieren", sagt Graumann. Sprich: Du wirst krank.

 

Ist Sport bei Erkältung sinnvoll?

Wenn du mit Sport so richtig viel Geld verdienst, legst du in Absprache mit Mannschaftsarzt und Trainer los. Wenn nicht: "Wer nicht muss, sollte sein Trainingsprogramm reduzieren, wenn er sich nicht wohlfühlt. Frische Luft und UV-Strahlung tun gut, letzteres hilft Vitamin D zu bilden, was das Immunsystem unterstützt", so der Experte.

 

Spazierengehen, lockeres Traben oder Radfahren sind also genau richtig, wenn du merkst, dass sich eine Erkältung anbahnt. "Sich einem echten Trainingsreiz auszusetzen, ist hingegen weniger sinnvoll. Dieser schwächt das Immunsystem zusätzlich, schließlich verursacht der starke Reiz eine Entzündung im Körper", erklärt der Sportmediziner.

 

>>> So wirst du eine Erkältung fix wieder los

 

Die Folge: Dein Organismus kapituliert wegen den ganzen Baustellen und du liegst richtig flach. "Besser wird eine Erkältung durch Sport eher selten. Im Gegenteil, er bremst die Selbstheilungskräfte des Körpers aus."

 

Worauf muss ich beim Training mit einer Erkältung achten?

Sich nicht zu viel zuzumuten. "Bei Schnupfen und Husten kannst du durchaus in einem lockeren Tempo joggen gehen. Achte jedoch darauf, nicht zu viel Flüssigkeit zu verlieren und keine PH-Werte zu verschieben", betont der Manschaftsarzt der Eishockey Junioren.

Laufend wird die Nase nämlich besser durchblutet und somit gewärmt, was Schnupfenviren schneller den Garaus macht.

 

Wer hingegen ein verschnupftes Krafttraining im Studio plant, sollte erstens keinen neuen Gewichts-Rekord aufstellen und zweitens möglichst nach jedem Geräte seine Hände desinfizieren. "Am Studio-Equipment sind überall Keime, wenn man schon angeschlagen ist, haben die leichtes Spiel", warnt Graumann.

 

Normalerweise lacht sich dein Immunsystem über diese Keime kaputt, wenn du aber angeschlagen bist, hört der Spaß auf. Klar könntest du auch zu Hause ein wenig vor dich hinhanteln, aber auch hier gilt: Echte Trainingsreize erhöhen die Wahrscheinlichkeit, echt krank zu

werden.

 

Bei allen anderen Erkältungssymptomen halte die Füße (und Hanteln) von vornherein still. Übrigens ist es ein Ammenmärchen, dass Antibiotikum mit Sportverbot gleichzusetzen ist. Es gibt tatsächlich Arzneistoffe, die auch mit niedrig dosiertem Sport funktionieren. Frage – ganz klassisch – deinen Arzt oder Apotheker, ob das bei deinem Medikament der Fall ist. Meistens ist es dennoch sinnvoll, die ersten Tage keinen Sport zu treiben.

 

Das Antibiotikum muss erstmal einen Wirkspiegel aufbauen, damit die Bakterien überhaupt bekämpft werden können. "Ein Antibiotikum wird über Leber und Niere verstoffwechselt und abgebaut. Belasten wir uns zusätzlich, muss die Leber auch mehr arbeiten und die Wirkung des Arzneimittels fällt schlechter aus", erläutert der Sportmediziner. Sprich: Je mehr der Stoffwechsel in Fahrt kommt, desto schlechter ist das für den Wirkstoffspiegel eines Antibiotikums.

 

Welche Folgen hat es, wenn ich krank Sport treibe? Ist das gefährlich?

Zunächst nicht. "In der Regel sind Viren für einen grippalen Effekt verantwortlich, die kriegt der Körper irgendwann schon selbst in den Griff. Aber nur, wenn er seine Kräfte dafür bündeln kann. Ist das Immunsystem jedoch lahmgelegt, besteht die Gefahr, dass sich Bakterien obendrauf setzen", erklärt der Fachmann. Das sind dann Streptokokken, die über die Haut oder über Tröpfchen von anderen übertragen werden. Mit dem Ergebnis, das die Zunge belegt ist und die Mandeln eitrig werden, sich die Erkältung also verstärkt und im schlimmsten Fall zur Antibiotikum-Einnahme führt.

 

Die häufig als Worst-Case-Szenario genannten Folgen von Sport bei Erkältung – die durch Viren ausgelöste Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung – ist hingegen eher selten. Wenn, dann tritt sie im Spitzensport bei verschleppten Infekten auf. Höre also in dich hinein, ob du wirklich fit genug für eine Trainingseinheit bist. "Bei sehr intensiven grippalen Effekten kann auch der Herzbeutel in Mitleidenschaft gezogen werden. Wer dann noch weitertrainiert, schädigt seinen ganzen Organismus", sagt Graumann.

Kann das Training selbst für Schnupfen, Husten & Co. verantwortlich sein?

 

Tatsächlich bist du nach einer harten Trainingseinheit anfälliger für eine Erkältung. Der Grund ist das sogenannte Open Window. "Wie lange diese Phase andauert, ist individuell sehr verschieden. Beispielsweise nach einer Intervall-Session kann es Stunden dauern, bis das Gleichgewicht im Körper wieder hergestellt ist, die Flüssigkeit sowie der PH-Wert wieder ausgeglichen wurde und damit die Immunabwehr wieder steht", so Graumann.

 

Einen Trainingsreiz zu setzen, bedeutet schließlich Zellen zu zerstören und solange der Körper mit Wiederaufbau beschäftigt ist, stehen die Türen für Erreger weit offen. Du kannst die Eintrittsschneise verkleinern, indem du auf einige Dinge achtest: Trage beim Training Funktionskleidung, trinke und schlafe ausreichend. Je intensiver du zur Sache gehst, desto mehr musst du schlafen.

Kohlenhydrate, direkt nach dem Training gefuttert, helfen dabei, das Open Window schneller zu schließen. Sie tragen nämlich dazu bei, das körperliche Gleichgewicht wieder herzustellen. Ganz wichtig: Achte auf die Temperaturregulation. "Nasse Haare an sich machen noch nicht krank, kühlen den Körper aber stetig runter, was Erreger ebenfalls einladend finden", sagt der Sportmediziner.

 

Kann ich eine Erkältung wegtrainieren?

"Eine Erkältung ausschwitzen zu können ist ein Mythos und totaler Unsinn!", betont Graumann. Wie schon erwähnt, lädt eine schweißtreibende Belastung die Erreger erst recht ein, es sich gemütlich zu machen. Das Gleiche gilt für einen Saunabesuch – wer angeschlagen reingeht, kommt noch angeschlagener zurück. Zumal eine Saunalandschaft ein sensationeller Ort für Keime und deren großzügige Vermehrung ist. Bitte nicht falsch verstehen: "Wenn es einem gut geht, hat ein Saunabesuch viele positive Effekte, zu denen die Immunsystem-Stärkung gehört", sagt der Experte.

 

Wie entscheide ich, ob ich trotz Krankheit Sport treiben kann?

"Der beste Gradmesser ist der Ruhepuls. Habe ich mir einen Infekt eingefangen, geht der zwischen 7 und 10 Schläge nach oben", erklärt Graumann. Und damit ist die Entscheidung bereits am Morgen gefallen, dass du heute keinen Sport treiben wirst. Um nicht ständig als erstes Amtshandlung des Tages den Finger aufs Handgelenk oder den Lichtsensor deines Handys legen zu müssen, könntest du als ambitionierter Sportler auch einen Mess-Streifen ans Bett kleben. Schlafsensoren zeigen dir dann mit einem Blick aufs Smartphone an, wie es mit dem Ruhepuls aussieht.

 

Fühlst du dich fiebrig und das Thermometer bestätigt einen Wert über 37,5 Grad, bleibt die Trainingskleidung ebenfalls im Schrank. "Fieber ist ein systemischer Entzündungswert. Der ganze Körper versucht, die Keime zu zerstören, indem er die Eigentemperatur reguliert, da kann er keine weitere Belastung gebrauchen", so der Experte. Gliederschmerzen können ebenfalls darauf hindeuten, dass man Fieber haben könnte, aber nicht muss. Dennoch gilt: Geht es dir nicht gut, ruh dich aus!

 

Befindest du dich auf dem Weg der Besserung, zeigt der Zäpfchen-Test, ob du schon wieder fit genug für sportliche Action bist. Dazu stellst du dich vor einen Spiegel und sagst ganz laut AAAAHHHHHH. "Ist das Zäpfchen länger oder größer als sonst, sind Gefäße zu sehen und ist der Rachen rot und geschwollen, ist weiterhin Pause angesagt", empfiehlt Graumann. Und lass dich bloß nicht verrückt machen. Wer auf sein Körpergefühl hört, was geht und was nicht, liegt laut dem Sportmediziner selten falsch.

 

Wann und wie lange muss ich bei einer Erkältung eine Sportpause einlegen?

Sobald sich der Rachen rötet, die Lymphknoten anschwellen und/oder sich Ohrenschmerzen bemerkbar machen, lässt du dein Training ausfallen, der Organismus ist bereits im Alarmzustand. Kommt erhöhte Temperatur oder gar Fieber hinzu, kann der Körper dir gar nicht deutlicher sagen, dass er eine Pause braucht. Komm bitte nicht auf die Idee, Medikamente zu nehmen, um doch loslegen zu können. "Schmerzmittel einzuwerfen, ist wie eine im Auto rot aufleuchtende Lampe mit einem Tape zu überkleben, anstatt in die Werkstatt zu fahren", so Graumann. "Wenn der Körper mir sagt, er hat Beschwerden, dann gibt es einen Grund dafür."

 

Ruh dich also lieber 3 bis 4 Tage aus, nimm Vitamin C und Zink und trink viel. Graumanns Geheimtipp lautet übrigens, viel heißen Caipirinha zu trinken, gerne auch ohne Alkohol. Entscheidend ist, dass durch die Flüssigkeitszufuhr die Haut gewässert, über die Nieren die Entgiftungsfunktion angeregt und durch die Wärme die Zähigkeit des Schleims positiv beeinflusst wird. "Die sekundären Pflanzenstoffe und ätherischen Öle der Limette – am meisten stecken davon in der Schale, daher am besten Bio-Limetten nehmen und mit einem Stößel schön zerstampfen – wirken entzündungshemmend und schleimlösend, fördern zudem die Durchblutung."

 

"Wer möchte, süßt mit Honig. Der enthält ebenfalls entzündungshemmende Substanzen", rät der Sportmediziner. Der Vollständigkeit halber sei gesagt: Rohrzucker liefert die nicht. Wie lange deine Caipi-Pause dauern wird, ist individuell verschieden und hängt vom Grad der Erkrankung ab. Generell solltest du dich subjektiv wesentlich besser fühlen und dein Hals den Zäpfchen-Check (siehe oben) bestehen. Danach steigst du mit einem leichten Pensum wieder in Training ein und steigerst dich in kleinen Schritten.

 

Bei leichtem Schnupfen und etwas Husten sind moderate Belastungen durchaus erlaubt. Sobald aber die Beschwerden zunehmen und gar Fieber auftritt, ist eine Sportpause angesagt. Die dauert so lange, bis du dich wieder besser fühlst. Bis dahin heißt es: Abwarten und Caipirinha trinken!

 

Quelle: Men's Health

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