Warum es so schwierig ist, sich zum Sport aufzuraffen – und was wirklich hilft

„Aber es ist total ungemütlich draußen!“ Eigentlich kein Grund, nicht loszulaufen – der innere Schweinehund sieht das leider ganz anders

Manchmal ist der innere Schweinehund dermaßen dominant, dass er den guten Vorsatz, endlich wieder mehr Sport zu treiben, so lange durch die Gedankenmühle jagt, dass wir am Ende doch wieder auf der Couch fläzen. Wir brauchen also eine Strategie. Doch welche hilft? Ein paar Tipps.

 

Es gibt diese Sätze, die man als Kind irgendwann mal gehört hat und die einem später immer wieder aus dem Gedächtnis ins Bewusstsein kriechen. Eine Situation, ein Geruch von früher. Man kann gar nichts dagegen tun. „Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung“, ist einer dieser Sätze bei mir. Ausgesprochen hat ihn Herr Martin, unser Klassenlehrer in der achten Klasse. Herr Martin hat noch einen Ewig-Satz bei mir versenkt: „Papperlapapp, denk nicht so viel, mach einfach!“

„Denk nicht so viel, mach einfach!“

Damals half mir der Satz, die 3. Binomische Formel aufzulösen. Oder mich beim Hochsprung nicht auf die unerreichbar hohe Stange, sondern den optimalen Anlauf zu fokussieren. Und heute? Wäre ich aufgeschmissen ohne ihn, weil ich schon immer sehr gut darin war, Anstrengung zu meiden, indem ich hanebüchene Ausreden konstruiere. Besonders schlimm war es beim Sport – bis ich dazu übergegangen bin, Sprüche wie diese vor mich hinzuplappern, wenn ich merke, dass das Vorhaben scheitern könnte:

Ich fühle mich heute nicht so … „Papperlapapp, mach einfach!“
Aber es regnet doch! „Dann wirst du eben nass!“
Die Sportsachen sind noch in der Wäsche! „Dann ziehst du eben ausnahmsweise mal die verschwitzten an!“
Der Kater war den ganzen Tag allein und möchte unbedingt spielen! „Je eher du gehst, desto schneller bist du wieder zurück. Und mal ehrlich: Wie könnte er sauer auf DICH sein?“
Ist es nicht schon zu dunkel? „Schnür. Deine. Schuhe!“
Du hattest doch schon einen stressigen Arbeitstag, dann muss nicht auch noch Sport sein. „Papperlapapp! Genau das wird dir helfen!“

Solche simplen Motivationssprüche sind eine mögliche Strategie gegen den inneren Schweinehund – aber manchmal reicht das nicht. Was auf jeden Fall hilft, ist, erst einmal zu verstehen, wie der Feind im Kopf tickt.

Was ist ein innerer Schweinehund?

Wir meinen damit Willensschwäche, die uns davon abhält, etwas zu tun, was wir wollen. Entweder uns fehlt die Intention, Sport zu treiben – oder sie ist da, aber wir schaffen es trotzdem nicht, sie in die Tat umzusetzen, die Laufschuhe zu schnüren und einfach loszurennen. Für uns fühlt sich das dann an wie eine unüberbrückbare Lücke zwischen Absicht und Verhalten.

Wo wohnt der innere Schweinehund?

„Überall da, wo man eigentlich gute Absichten hat“, sagt Prof. Dr. Sonia Lippke von der Jacobs University Bremen zu FITBOOK. Die Gesundheitspsychologin erforscht den inneren Schweinehund. Gute Absichten sind Vorsätze, in einer bestimmten Situation ein bestimmtes Verhalten auszuführen: „Nach Feierabend gehe ich laufen.“ Damit es zur Handlung kommt, werden psychologisch förderliche Prozesse in Gang gesetzt: Das Gedächtnis wird leichter zugänglich (z. B. der Gedanke „das gute Gefühl nach dem letzten Lauf“) gemacht und die Aufmerksamkeit auf das Ziel gelenkt (sportlicher Ehrgeiz, sich fit fühlen).

Und genau an dieser Stelle grätscht er dann dazwischen.

Mit diesen Tricks arbeitet der innere Schweinehund

„Der innere Schweinehund arbeitet mit irrationalen Tricks, an die man selbst nicht nur mit mehr Anstrengung rankommt“, sagt Prof. Lippke. Er bringt uns zum Abwägen („ich könnte doch auch morgen gehen“), sagt uns, dass wir müde sind, macht negative Gedanken („das bringt doch eh alles nichts“) oder macht uns alte Gewohnheiten schmackhaft („auf der Couch ist es doch viel gemütlicher“). Fies!

Wie überliste ich den inneren Schweinehund?

Die 10 besten Strategien gegen den Feind im Kopf

1. Realistische Erwartungen aufstellen

Wenn die Motivation unrealistisch hoch ausgeprägt ist, ist es wahrscheinlicher, dass die gesetzten Ziele schnell aufgegeben werden. Sie müssen die zehn Kilometer nicht aus dem Stand in unter 50 Minuten laufen. Das Gefühl, etwas bewältigen zu können, ist ein extrem wirksames Mittel gegen unseren inneren Schweinehund!

2. Ein konkretes Handlungsziel haben

Pläne steigern die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihre Ziele tatsächlich in die Tat umsetzen werden. Je konkreter das Handlungsziel, desto leichter geht es in die Initiative über.

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3. Sich Unterstützung suchen

Ob sich Motivation bildet, hat auch mit dem Bedürfnis zu tun, in einem sozialen Umfeld aktiv zu sein und dort akzeptiert zu werden.

Sich mit Freunden fest zum Sport verabreden, hilft, erst gar nicht in ein Motivations-Loch zu fallen.

4. Sich vorstellen, wie stolz und erholt man nach dem Training ist

Die Vorstellung, dass man seine Bedürfnisse befriedigen und seine Ziele erreichen kann, motiviert!

5. Der Wunsch nach Gesundheit

Motiviert Sie die Vorstellung, gesünder zu leben – oder ist Ihre Gesundheit eingeschränkt und Sie versprechen sich durch die sportliche Aktivität Besserung in der Zukunft? Beides gut, denn: Gesundheits-Motive haben einen großen Einfluss auf unser Verhalten.

6. Soziale Anerkennung

Für leistungsbereite und zielstrebige Menschen ist die Anerkennung der eigenen Leistung durch andere ein großer Motivator.

7. Sich eine Belohnung versprechen

Zum Beispiel nach dem Sport eine Lieblingssendung sehen. Ganz wichtig: NUR belohnen, wenn das Ziel auch erreicht wurde!

Worauf freuen Sie sich so richtig nach dem Training?

8. Sich die Macht der Gewohnheit zunutze machen

Machen Sie sich die Macht der Gewohnheit zunutze. Wenn man es zum Ritual macht, nach der Arbeit direkt zum Sport zu gehen, vermeidet man, sich vom Sofa zu Hause aufraffen zu müssen. Gewöhnen Sie sich zum Beispiel an, immer Ihre gepackt Sporttasche dabei zu haben.

9. Machen Sie Musik an!

Welche Songs pushen Sie so richtig?

10. Negativ-Gedanken loswerden

Das gelingt zum Beispiel ganz gut, indem man sich einen negativen Gedanken als nachplappernden Papagei vorstellt („Aber heute kommt doch meine Lieblingsserie!“). Wäre das im Gegenteil nicht eine prima Belohnung nach dem Training? Wozu gibt es schließlich Mediatheken! Andere Möglichkeit: Sich wie eingangs beschrieben einen Motivationsspruch zulegen und im schwachen Moment vor sich hinplappern: „Denk nicht so viel, mach einfach!“

Frauen motiviert etwas anderes als Männer

Männer motivieren Wettkämpfe und damit verbundene soziale Anerkennung deutlich stärker als Frauen, wie eine US-Studie zeigte. Frauen scheinen dagegen stärker durch gesundheitliche Motive zum Sport motiviert zu sein, wie eine andere US-Untersuchung nahelegt.

 

Wie finde ich heraus, welche Strategie bei mir funktioniert?

Ausprobieren! „Gucken, ob es passt. Wenn nicht, weiter probieren“, sagt Sonia Lippke. „Und immer mal wieder Neues ausprobieren, damit es auch für den inneren Schweinehund nicht langweilig wird.“ 

Wer weiß, vielleicht werden Sie und ihr innerer Schweinehund dann irgendwann sogar Freunde!

 

Übrigens: Das Wort „Schweinehund“ geht auf den bei der Wildschwein-Jagd eingesetzten, äußerst bissigen Sauhund zurück

 

Quelle: FITBOOK

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